Lieber Franzi, ich bin hackenstad!
Karli Sackbauer alias Klaus Rott erzählt, wie es nach der KONSUM-Pleite an guten Ratschlägen für ihn nicht mangelte, und warum die Gene seiner Frau Irmi bei ihm nicht ohne Wirkung blieben.
Die Insolvenz vom KONSUM vor knapp 15 Jahren, die hat sich damals g'waschen gehabt, wie ein Chirurg vor der Operation. Klar, dass die Schwarzen den Roten das heute noch reiben, wenn es um „Wirtschaftskompetenz“ geht.
Wenn der KONSUM nicht in Konkurs gangen wäre, ich hätte sicher bis zu meiner Pensionierung im Lager draußen in Hirschstetten g'hackelt. War ja nicht schlecht bezahlt. Alles paletti! Und dann und plötzlich stehst auf einer Kündigungsliste und zu Hause hast zwei Kinder. Ich hab damals dran denken müssen, wie der Papa das erste Mal hackenstad war. Damals war ich goschert, und hab g'sagt: „So was kann mir nicht passieren. Ich hab eine sichere Hacken beim Konsum, weil ein Lebensmittelhandelsgroßbetrieb kann nicht tschali gehen, weil fressen werden die Leute immer“. Von wegen: Tschali ist er gegangen, der KONSUM. Es stimmt zwar, fressen tun die Leut immer, vorausgesetzt, sie haben was zum Essen – Der KONSUM ist ja nicht in Konkurs gegangen, weil die Österreicher in den Hungerstreik getreten sind, sondern, weil die Manager solche Hüafler waren.
Die Mama war lieb. „Karli, wer weiß, für was gut ist“ hat sie gesagt. Für was soll es gut sein, wenn du deine Hacken verlierst? Und ich hab an die Geschichte denken müssen, mit dem Kind und dem Luftballon. Einem Kind fliegt ein Luftballon davon, es weint, ein Passant kommt vorbei, sagt: „Weine nicht, Kleine, wer weiß für was gut ist.“
Der Papa wieder hat gemeint, ich soll dem Vranitzky schreiben. Was hätte ich schreiben sollen? „Lieber Franzi, ich bin hackenstad! Dein Karli.“ Geh, bitte! Schad um die Briefmarken.
Die Irmi war lieb, sie hat gesagt: „Karli, du findest sicher was.“ Sie hat ja immer davon geträumt, dass wir ein Geschäft aufmachen. Das hat sie irgendwie in den Genen gehabt, das Selbstständigsein, von den Eltern her.
Ich hab mir so was nie vorstellen können. Brauchst ja einen Batzen Geld, um einen Laden aufzumachen. Kaufmann ja, aber nicht auf eigene Rechnung. Angestellter, das ist eine sichere Sache. Bitte, heutzutage auch nur mehr relativ. Da beschloss Karli Sackbauer Einzelhandelkaufmann zu werden. Ich hab dann Kurse g'macht, auch eine Prüfung vor der Kammer und hab dann als Filialleiter g'hakelt. Zwar nur bei einem Diskonter, aber: Filialleiter, ist Filialleiter.
Die Zeit während der Umschulung, war finanziell recht hart. Ein Kollege hat mir da einen Job verschafft. In der städtischen Hauptbücherei. Eine Arbeit im Büchermagazin, im Keller. Die Arbeit war ungewohnt. Die Luft stickige und nichts wie Bücher. Und weit und breit kein Gabelstapler. Mit der KONSUM-Hacken hast du das wirklich nicht vergleichen können.
VORmagazin Juli 09